Holger K. hat ein Problem. Seit wenigen Stunden weiß sein Unternehmen, ein niedersächsischer Wurstproduzent, von dem Verdacht, dass die Geflügel-Mettwurst des Unternehmens mit Salmonellen kontaminiert sein könnte. Die Behörden erwarten innerhalb von zwei Stunden eine Stellungnahme des Unternehmens. Zusammen mit dem eilig einberufenen Krisenstab macht sich K. daran, über die mittlerweile bekannte Chargennummer des Produktes den Produktions- und Lieferweg nachzuvollziehen. In der Vorbereitung eines möglichen Produktrückrufes gilt es jetzt dringlichst herauszufinden, ob sich noch Ware unter der Kontrolle des Unternehmens befindet und gesperrt werden kann und der anstehende Produktrückruf somit regional eingegrenzt werden kann.
Halb-sicher gibt es nicht!
Wie Unternehmen mit mangelhaften Produkten umgehen müssen
Von Andreas Severin
Höchste Produktqualität zu jeder Zeit – ein Ziel, das wohl jedes Unternehmen anstrebt. Doch auch für den Fall eines Mangels sollte sich ein Betrieb gut vorbereiten, um größeren Schaden abzuwenden. Im Interview erklärt Rechtsanwalt Dr. Markus Grube von der Kanzlei für Lebensmittel- und Verbrauchsgüterrecht, KWG Rechtsanwälte, worauf es im Ernstfall ankommt.
„Da hauen wir doch besser mal ne Warnung raus!“
Wie das neue Verbraucherinformationsgesetz die Kommunikation von Unternehmen und Behörden auf die Probe stellt
Von Andreas Severin
Schnelle und umfassende Informationsmöglichkeiten über Produkte und Sachverhalte – das verspricht das neue Verbraucherinformationsgesetz. Doch Behörden, Verbraucherschutzverbände und Unternehmen blicken mit Besorgnis auf die Gesetzesänderungen. crossrelations informiert über die wichtigsten Neuerungen, Risiken und Anforderungen an die Unternehmenskommunikation in einer Blog-Reihe.

Mangelnde Transparenz: Die Politik hat nun mit einer Stärkung der Verbraucherinformation auf die jüngsten Lebensmittelskandale reagiert.
(Foto: Flickr/Mr. iMaax, cc)
Nachdem am 1. September 2012 das neue Verbraucherinformationsgesetz (VIG) in Kraft getreten ist, sollen sich Bürger noch schneller und noch umfassender über Produkte und Sachverhalte informieren können als bislang. Bisher hatte das Gesetz Verbrauchern Zugang zu behördlichen Informationen über Lebensmittel ermöglicht. Mit dem neuen Gesetz wird dieser Zugang auf so gut wie alle Konsumgüter ausgeweitet. Außerdem sollen Verbraucher bei Behörden künftig leichter in Erfahrung bringen können, wenn beispielsweise ein Lebensmittelhersteller in der Vergangenheit gegen Gesetze verstoßen hat oder die Hygienevorschriften nicht eingehalten wurden. Auch wurden im Zuge der Novellierung Konsequenzen aus den jüngsten Dioxin-Skandalen verarbeitet, indem Behörden nun verpflichtet werden, Erkenntnisse über Verstöße gegen Vorschriften und selbst vorläufige Untersuchungsergebnisse zeitnah zu veröffentlichen. Das angelsächsische Prinzip des public right to know hält damit auch hierzulande Einzug ins Verwaltungsrecht.
Auf den ersten Blick erscheint das neue VIG wie gute Nachrichten für den Verbraucherschutz. Aber auch ein Verbraucherschutzgesetz kann sich als Mogelpackung erweisen. Vor allem dann, wenn es die Stärkung des einen Grundrechts mit der Beschneidung eines anderen erkauft. Doch dazu später mehr.
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick
Werfen wir kurz einen Blick auf die wichtigsten Neuerungen:
- Durch eine Ergänzung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches werden die Behörden in Zukunft verpflichtet sein, alle Rechtsverstöße durch Grenzwertüberschreitungen zu veröffentlichen. Auch sonstige Verstöße – z.B. gegen Hygienevorschriften oder den Täuschungsschutz – müssen in Zukunft veröffentlicht werden, wenn ein Bußgeld von mindestens 350 Euro zu erwarten ist.
- Die Anhörungsverfahren bei der Beteiligung betroffener Wirtschaftsunternehmen und die Regelungen über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden „gestrafft“. In bestimmten Fällen kann von den zuständigen Behörden nun ganz von einer Anhörung abgesehen werden. Künftig gibt es einen formlosen Informationsanspruch – auch eine Antragstellung per E-Mail oder Telefon ist möglich.
- Der Geheimnisschutz der Betriebe wird weiter eingeschränkt, so dass mehr Daten mit spezifischem Unternehmensbezug veröffentlicht werden können.
Auch der Rechtsexperte Prof. Gerd Weyland von Krell Weyland Grube (KWG), einer der führenden auf Lebensmittelrecht spezialisierten Kanzleien Deutschlands, bezweifelt, dass das neue Gesetz mit dem europäischen- und dem Verfassungsrecht konform ist: „Es ist bei Anfragen nach dem neuen Recht nicht mehr gewährleistet, dass die betroffenen Unternehmen angehört werden. Das kann zur Folge haben, dass völlig an dem Unternehmen vorbei Informationen ins Internet oder in sonstige Medien gelangen, die dann zu erheblichen Schäden bis hin zum Konkurs eines Unternehmens führen können.“
Warum das neue Verbraucherinformationsrecht auch Behörden in eine schwierige Kommunikationsverantwortung bringt, erfahren Sie im nächsten Teil unserer Reihe.