Mit großer Aufmerksamkeit und regem Interesse wurde am 18. April die Podiumsdiskussion im Rahmen des 5. NoAE-Projekttags zur Mobilität der Zukunft in Düsseldorf verfolgt. crossrelations hatte als Medienpartner des Network of Automotive Excellence (NoAE) zu der Veranstaltung geladen und mit der durchaus auch provokant gestellten Frage „Elektromobilität: Will die Industrie nicht liefern oder der Kunde nicht kaufen?“ den Nerv des medialen Dauerthemas „Wie fahren wir denn morgen?“ voll getroffen.
Den Auftakt der gut einstündigen Diskussion, die crossrelations-Geschäftsführer Andreas Severin moderierte, besorgte ein psychologischer Marktforscher. Dirk Ziems von concept m wartete gleich mit einer Reihe interessanter Erkenntnisse zum Autokundenverhalten auf. Der Psychologe verwies unter anderem auf zahlreiche Beispiele aus anderen Bereichen, wie die allgegenwärtigen Smartphones, bei denen sich durch das Verstehen des Vorteils neuer Produkte das Verhalten der Konsumenten geändert habe. Anders dagegen beim Auto. „Der Kunde ist nicht wirklich bereit als Ökopionier vorwegzugehen“, sagte Ziems. Das solle doch bitteschön die Industrie machen. Denn: Auto ist Auto. „Der Kunde wartet lieber auf neue Produkte der Hersteller“, so der Marktforscher. Nicht eben kundenfreundlich sind für Ziems auch manche sogenannte Innovationen: „Viele neue ‚technische Helfer’ entmündigen den Mensch am Lenkrad auch ein Stück weit.“
Für Kurt Sigl ist der Trend zur E-Mobilität nicht mehr aufzuhalten. Der Präsident des Bundesverbandes eMobilität sieht 2020 nicht nur eine Million E-Autos auf Deutschlands Straßen, sondern schon vier oder fünf Millionen. „Ab 2017 explodiert der Markt“, sagte Sigl voraus. Er kritisierte vielmehr die negative Berichterstattung über E-Mobilität. „Der Kunde ist nicht der Buhmann“, so Sigl.
Ein Kommunikationsproblem machte auch Projektleiterin Béatrice Degand-Wego von Renault Nissan aus. Der französische Autobauer hat bereits drei E-Mobile auf dem Markt. „Man muss den Kunden Zeit geben, sich an das Angebot zu gewöhnen“, sagte die Französin. Es hapere derzeit mehr bei der Kundenberatung. Für Degand-Wego steht deshalb die Ausbildung des Verkaufspersonals ganz oben auf der Agenda.
Auch Nick Margetts vom Marktanalysten JATO Dynamics glaubt, dass der Kunde beim Händler nicht glücklich wird. Nur der Grund ist ein anderer. „Zu wenig attraktive Autos“, sagte Margetts. Da wären also die Hersteller gefordert.
So sah es auch Dieter Althaus, Manager des Autozulieferers Magna International: „Kunden haben bisher immer auf das Angebot reagiert und nicht umgekehrt.“ Der frühere Ministerpräsident von Thüringen hält die ganze Diskussion um zurückhaltende Kunden sowieso für eine Luxusdebatte. „Da, wo die Autos in Zukunft gebaut und gebraucht werden, geht es nur um Mobilität“, so Althaus.
Fabian Krohn vom Kölner Elektrofahrzeughersteller eWolf war der Ansicht, dass für eine schnelle Verbreitung von E-Mobilen dringend Unterstützung nötig sei – und die müsste nicht immer aus Geld bestehen. „Der Staat könnte zum Beispiel Citysperrungen für Fahrzeuge ab bestimmten CO2-Emissionswerten vorschreiben. Das kostet nichts und ist trotzdem sehr wirkungsvoll“, schlug Krohn vor.
„Wenn jeder, der ein E-Fahrzeug einmal ausprobiert hat, seinen Freunden, Bekannten und Verwandten erzählt, welchen Spaß das macht, dann wird sich Elektromobilität sehr schnell durchsetzen“, setzte auch Timo Kondziela vom Kölner Mobilitätsdienstleister The Mobility House auf die Kraft der Kommunikation. Auf die Rolle der Energieversorger mit ihren Endkundenkontakten angesprochen, wehrte Kondziela ab: „Vertrauen bekommt der Kunde nur im Autohandel.“
Weitere Stellungnahmen zur Zukunft der Mobilität finden Sie in unserem YouTube-Channel: www.crossrelations.de/youtube