Wenn am Donnerstag die Staatschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer zusammenkommen, um die großen Herausforderungen der Weltpolitik zu verhandeln, dann wird sich zeigen müssen, ob die Regierenden und ihre Redenschreiber die richtigen Worte finden. Eine Schlüsselrolle vor Ort wird wieder einmal den Dolmetschern zukommen, darunter profilierte Mitglieder des Verbands der Konferenzdolmetscher (VKD). Rund um das Gipfelgeschehen werden die Experten des führenden Verbands für die reibungslose Verständigung sorgen. Sie müssen Höchstleistungen vollbringen, sei es bei den großen Ansprachen im Plenum oder in kleinen Verhandlungsrunden. Denn hier werden Worte sprichwörtlich auf die Goldwaage gelegt und jede Unachtsamkeit kann den Fortgang der Verhandlungen erschweren.
Bei Festreden oder auch Gesprächen im kleinen Rahmen wird häufig konsekutiv übersetzt. Längere Redeabschnitte werden also zeitversetzt anhand von Notizen in die Sprache des Zuhörenden übersetzt. Bei den großen Gesprächsrunden oder Diskussionen im Plenum jedoch sind die Dolmetscher – für die Veranstaltungsteilnehmer in der Regel unsichtbar – in speziellen Kabinen tätig und übertragen die Redebeiträge simultan. Dies stellt höchste Anforderungen an die mentale Kapazität, die Konzentration, die Erfahrung, das Fachwissen und auch das Fingerspitzengefühl der Dolmetscher. Sie müssen kontinuierlich und mit geringstem Zeitversatz den gesprochenen Ausgangstext in die Zielsprache überführen. Politiker und ihre Art zu sprechen machen einem diesen Job auch nicht unbedingt einfacher. In wenigen Sekunden müssen Inhalte verstanden, Emotionen erkannt und Botschaften vermittelt werden. Dafür reicht es nicht aus, das politische Vokabular zu beherrschen. Ein Dolmetscher muss immer auch auf der Höhe des Themas sein, die politischen Codes und Abkürzungen verstehen. Eine intensive Vorbereitung auf Diskussionsinhalte und auch auf die Politiker, die übersetzt werden müssen, gehört daher ebenso zum Job.
Auch wenn die Experten des VKD mit dem Terrain hochkarätiger Veranstaltungen in Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur vertraut sind, ist eine Veranstaltung wie der G20-Gipfel immer noch etwas Besonderes. Die Welt blickt ab heute mit hohen Erwartungen und kritischem Blick auf das Geschehen in Hamburg. Bei allen politischen Unstimmigkeiten müssen nicht unbedingt auch noch sprachliche hinzukommen. Und wenn am kommenden Samstag die Kameras und Mikrofone abgebaut sind, werden vielleicht noch eine ganze Weile die dort gesprochenen und klug gedolmetschten Worte die politischen Schlagzeilen bestimmen.